Segeln zu den Kanaren / Kanarische Inseln
In Sines warteten wir nur einen Tag und wir hatten Nordostwind. Der Wind war zwar etwas zu schwach, um mit dem achterlichen Wind flott zu den Kanaren zu segeln, aber es ist für eine Woche auch keine Windänderung in Sicht. Bei Gibraltar war eine Winddüse aus dem Mittelmeer mit rund 30 kn, aber da wollten wir aktuell auch nicht hin. Also Segel gesetzt und auf zu den Kanarischen Inseln.
Zunächst hatte ich unterwegs schon Tagesberichte geschrieben, aber ich kann es zusammenfassen. Es blieb bei dem zu schwachen Nordostwind, welcher auch mal auf Nord und mal auf Ost drehte. Auf Höhe von Gibraltar war es etwas unangenehm, denn von dort kam doch noch ganz schön Restwelle und wir hatten zu wenig Wind. Mit dem schwachen Wind probierten wir den Asymmetrischen Spinnaker, doch wieder das Schmetterlingssegeln und auch das vor dem Wind Aufkreuzen. Es half alles nichts, es war in der Atlantikdünung eine Schaukelei, sodass kaum ein Segel ordentlich funktionierte. Dazu ständige Winddrehungen, mal Nordwind, mal Ostwind und das mitunter im stündlichen Wechsel. So hatten wir oft nur 2-3 kn Fahrt und dann auch mal 4-5 kn Fahrt. Da wir nicht ewig bis zu den Kanaren brauchen wollten, einigten wir uns, dass die Kraft des Diesels erst bei einer Stunde unter 2 kn in Anspruch genommen wird. Ich versuchte, wirklich alles Mögliche um noch ein wenig mehr aus den Segeln zu holen, denn bekanntlich kann ich den Diesel nicht leiden. Hier sah ich mal wieder den Unterschied zwischen theoretischem Segeltrimm auf dem Baggersee und dem in der Praxis bei zwei Metern Atlantikdünung und schwachem Wind.
Entgegen dem Segeln nach Island im Jahr 2014 sahen wir hier beim Segeln zu den Kanaren schon wesentlich mehr Berufsschiffe. Segler sahen wir nur noch sehr wenige vor Portugal, wobei man sagen muss, dass die beste Zeit, um zu den Kanarischen Inseln zu segeln, auch nicht mehr im November ist. Der Portugalpassat mit stetigen Winden aus Nordost ist jetzt eigentlich fast vorbei.
Was ist sonst passiert? Wir hatten zweimal einen Fisch an der Schleppangel. Gut geschlafen haben wir, denn es war ja auch ruhig genug ;-)
Viele Delphine begleiteten uns und einen richtig großen Wal sahen wir in einiger Entfernung zweimal kurz auftauchen.
Die Sonne brennt täglich und ich komme ins Zweifeln, ob die Kanaren dann doch schon zu weit südlich für mich liegen, denn die ständige Hitze mag ich auch nicht. Die Sonne hat hier einfach mehr Kraft und brennt. Der Sonnenschutz über der Plicht ist natürlich längst montiert.
Laut Grib-Wetterbericht über Satellitentelefon soll es weiter ruhig bleiben.
Durch den südlichen Kurs und dem achterlichen Wind verdecken die Segel die Solarmodule auf dem Heckgeräteträger zur besten Ladezeit. Durch Kühlschrank, elektrischen Autopilot und des Nachts die Radarzonenüberwachung schaffen die Solarmodule man gerade wieder die Aufladung der Batterien. Elektrisch Kochen ist zurzeit vorbei und wir benötigen nun doch den Gasherd. Da hilft es auch nicht den Kurs erst 20 Grad weiter westlich und dann halt weiter östlich zu ändern, um den Segelschatten zu minimieren.
Der Motor lief zu meiner Freude höchst selten. Wir segelten meist zwischen 2 und 6 kn, doch am letzten Tag nervte mich der Wind gehörig. Ständige Winddrehungen innerhalb kürzester Zeit. Wind von 140 Grad Steuerbord und 5 kn Fahrt, dann Wind von 130 Grad Backbord und kaum Fahrt. Die Segel neu zu setzen war so gut wie zwecklos, denn innerhalb von mitunter ein bis zwei Minuten war es wieder umgekehrt. Alles beim selben Kurs, denn auch ich schaute, ob der Autopilot spinnt. Dem Kompass vertraute ich nicht und schaute nach dem Sonnenstand, doch es war in der Tat so, dass der Wind innerhalb von Minuten zwischen Nord und Ost beliebig wechselte. Eigenartigerweise als die ersten kleinen Kanareninseln schon näher waren, war auch der Wind wieder beständiger (bis auf übliche Winddrehungen dicht an den Inseln).
Unser Anker fiel nach 576 Seemeilen auf Position 29°12,9N 013°31,6W im Schutze der kleinen Insel Graciosa, nördlich von Lanzarote.
Insgesamt segelten wir sechs Tage und fünf Stunden, was nicht ganz vier kn Fahrt bedeutet, aber wir hatten auch nur fünf Motorstunden auf der Uhr.
Hier vor Graciosa lese ich gerade von einem Segler, welcher zeitgleich von Lissabon direkt nach Las Palmas zur ARC segelte und für die rund 700 sm bei flottem Segeln keine vier Tage brauchte? Nun, da wird er wohl ein paar Seemeilen weiter westlich fast halben Wind (von der Seite und nicht von achtern) oder kräftigeren Wind von Achtern gehabt haben. Ich vermute jedoch eher, das ‘flotte Segeln’ ist mit flottem Motoren verwechselt worden.
weiter auf der Route: Kanareninsel La Graciosa