WARTEN - statt SEGELN
Nach Lissabon und Sintra musste Marina leider erst mal mit dem Flieger nach Hause. Dabei zeigte sich, dass es in Lissabon trotz Metro, Straßenbahn und Stadtbusse nicht einfach ist, zum Flieger um 6.00 Uhr am Flughafen zu sein. Es fährt weder die Metro, noch die Straßenbahn, noch ein Stadtbus und selbst der Flughafenshuttlebus fährt so früh nicht. Letztlich fanden wir eine Nachtbuslinie, die zwar nicht vom Hafen fuhr, aber wenigstens vom Cais Sodre zum Flughafen fährt (Linie 208 nimmt aber keine Koffer mit / mit Koffer bleibt nur das Taxi).
Ich selbst habe meine Wanderrationen in Lissabon und Sintra ja längst ausgeschöpft und bin den Tejo hinunter und zum Ankern nach Cascais gesegelt. Dort habe ich mal wieder dazugelernt. Aber der Reihe nach: Da ich sehr wahrscheinlich ca. 14 Tage auf Marina warten werde, dachte ich, es wäre eine gute Idee, die Ankerposition mal mit der Ankerboje zu kennzeichnen. Dazu bei knapp 8 m Wassertiefe und Tide dann 40 m Ankerkette. Nachts ankerten vor Cascais meist nur Gastsegler, doch am Tage wurde es mitunter recht eng, denn dann kamen die Portugiesen aus dem Hafen und nutzten das Sonnenwetter bei über 30 Grad. So schaute ich nicht schlecht, als an meiner Ankerboje ein kleineres Motorboot festgemacht hatte. Es war ihm noch nicht mal recht beizubringen, dass diese Boje nur zur Markierung meines Ankers diente, denn er kannte wohl nur Mooringtonnen zum Festmachen.
Ansonsten lag ich vor Anker in Cascais gut, die Zeit verging mit vielen Kleinigkeiten am Boot und dem Internet. Hier muss ich die Bürokraten der EU mal loben, denn die Roaminggebühren haben sie abgeschafft. So konnte mich Marina für 2,99 Flat rund um die Uhr von Deutschland in Portugal anrufen. Auf dem Boot nutze ich z.B. für das Internet eine 15,- Flat und bekomme für 30 Tage 5,5 GB Datenvolumen und danach geschwindigkeitsgedrosselt weiterhin Internet. Das gilt ab Sommer 2017 für fast ganz Europa (genauer EU). Die Färöer sind z.B. für die Netzbetreiber noch immer in der dritten Welt und nicht mal in Europa. Das sagten wir in diesem Jahr schon so manchem Segler, welcher noch immer vom Ankerplatz an Land paddelte und ins nächste Internetcafé ging. Wenn ich da an unsere Ostseerunde 2008 mit Danzig, Riga, Tallinn, Helsinki, ... denke. Das MB kostete dort noch 8,- und man besorgte sich heimische Karten oder versuchte er per WLAN. Heute habe ich 5500 MB Datenvolumen für 15,- in fast ganz Europa.
Ansonsten gab es auch hier wieder diese Ankerprofis mit der Meinung Kettenlänge=Wassertiefe+1, welche dann bei wenig Wind oder leichtem Schwell durch die Bucht treiben. Das Problem dabei ist, dass es mich selbst nervös macht und man dauernd schaut, ob noch alles passt, wenn solch ein Kurzkettensegler neben einem liegt.
Es kam mal wieder, wie es kommen musste. Marinas Rückflug war gebucht und das Wetter traumhaft fürs Segeln. Kaum war Marina jedoch an Bord, da kündigte sich Hurrikan Ophelia vom Atlantik mit Kurs auf Europa an. Schnell zieht er nicht, aber er hat ordentlich Wind dabei. Der Seewetterbericht meldete 14 m Wellen und eine Zugrichtung nach Nordportugal, Todesküste von Spanien bis Biscaya.
Als Hurrikan Ophelia näher kam, wollten wir eigentlich am kommenden Vormittag aus der zu offenen Bucht von Cascais verschwinden. Am kommenden Vormittag nach Lissabon, da die Tidenströmung auf dem Tejo dann passte. Doch da kam am späten Nachmittag die Polizei durch das Ankerfeld gefahren, rief alle auf, das Ankerfeld sofort zu verlassen und im Hafen festzumachen. Sie sprachen von 200 km/h Wind, auch von 14 m Wellen und unheimlich Schwell hier am Ankerplatz. Mit der portugiesischen Polizei wollen wir nun wahrlich nicht diskutieren, auch wenn die 200 km/h und 14 m Welle hier mit Sicherheit nicht eintreffen werden und so brachen wir noch am Abend auf und fahren nun leider gegen die Strömung in den Tejo. Es ging relativ gut, ganz an der Seite des Flusses, teilweise konnten wir sogar eine leichte Neerströmung nutzen. Aktuell sind wir jetzt erneut in Lissabon-Seixal (Anker) und später sicher noch mal in Lissabon direkt.
Die erste Nacht verlief hier noch ruhig und wir hätten auch am kommenden Morgen mit der Strömung fahren können. Am zweiten Tag bei reichlich Wind hielt dann kein Anker. Zuerst verabschiedete sich ein Franzose und blieb mit dem Anker wohl in der Mooringkette hängen. Ebenso ein Schwede und ein Portugiese. Unser Anker hielt dann letztlich auch nicht und wir holten ihn rechtzeitig rauf, um nochmals ganz eng im Flachwasser neu zu ankern. So konnten wir mehr Kette geben, banden ein Reitgewicht mit ein und der Anker hielt. Nur drehen durfte der Wind nicht, denn dann würden wir bei Ebbe diesmal unfreiwillig Trockenfallen. Es ist hier recht eng, oft nur ganz weicher Schlamm und dank der Tidenströmung, welche das Boot dreht, bekommen wir den Wind auch noch von der Seite und haben damit mehr Angriffsfläche. Der Wind blieb in Stärke und Richtung und dank Ankeralarmzone konnten wir in der Nacht auch schlafen.
Ophelia nahm Kurs auf Irland und Schottland, wurde vom Hurrikan auf See durch den Eintritt in kühlere Gewässer schwächer und jetzt spricht man ‘nur noch’ vom heftigsten Sturm in Irland seit 50 Jahren.
Bei uns brachte der Hurrikan neben dem Wind auch Wolken und Regen. Statt der sonst üblichen gut 30 Grad in der brennenden Sonne bei stetigem kühlenden Nordwind war es jetzt plötzlich extrem schwülwarm. Natürlich entlud sich auch noch ein kräftiges Gewitter.
An ein Zurück nach Cascais ist noch nicht zu denken, denn dort kommen auch Tage später noch tüchtig Wellen an. Ein weiteres Sturmtief mit über 50 kn Wind ist auch bereits im Anmarsch.
So verbrachten wir in der Umgebung von Lissabon die erste Oktoberhälfte freiwillig und jetzt warten wir wegen des Wetters.
Vorweg für alle die inzwischen anfragten, ob wir denn das Ziel Kanaren haben und dann weiter mit der ARC über den Atlantik segeln. Wir werden nie mit der ARC in die Karibik segeln. Da ist es mir doch viel zu warm ;-) Sofern wir dieses Jahr noch weiter nach Süden segeln, wird es maximal bis zu den Kanaren gehen und von dort zurück. Aber auch die Kanaren sind nicht Marinas Wunsch, sondern eher noch mal die Affen von Gibraltar. Warten wir es also einfach ab!
weiter auf der Route: Seixal und die Muschelsucher (Mariscadores)