Segeln von den Shetland Inseln nach Norwegen
Auf den Shetland Inseln wollte ich noch etwas länger bleiben, aber ein Blick auf das Wetter sagte: entweder jetzt weiter oder noch wenigstens eine Woche hier. Heute sind es zwar noch 15-22 kn gegen den Wind, danach aber 2 Tage leichte Winde aus unterschiedlichen Richtungen. Da ich dort sicher langsam unterwegs sein werde und danach 40 kn Südwind für etwa 4 Tage kommen sollen, entschloss ich mich, am Nachmittag, zunächst gegen den Wind, aufzubrechen.
Gegen den Wind nahm ich zunächst wieder südlicheren Kurs.
Etwa 15 sm von den Shetland Inseln entfernt regnete es sehr stark. Wenig Sicht und ein Fischer war recht nahe dem Kollisionskurs (Fischer in Fahrt und nicht bei der Arbeit). Ich möchte auch nicht von meinem Kurs hart am Wind weg und sehe auf AIS das es gut geht. Plötzlich ein Funkspruch: die Küstenwache spricht den Fischer direkt an. Keine Reaktion. Noch einmal die Küstenwache an den Fischer und dieser meldet sich. Ob er den Segler sehe? Solch einen Funkspruch habe ich bisher nie gehört. Das ihr Radar so weit reicht ist klar, aber woher wussten sie das ich ein Segelboot bin. Hatten sie die Hafenausfahrt beobachtet und das Radarecho mit meinen Daten verfolgt?
Mit wechselnden Winden meinte ich weiter oben im Text, den laut Wetterbericht aus so ziemlich allen Himmelsrichtungen kommenden Wind zwischen 10 und 14 kn. Das hörte sich ganz easy an, nur was dann gleich in der ersten Nacht kam, waren wohl um die 40 kn Wind. Viel zu viel Segelfläche, unheimlich Lage! Im ersten Augenblick dachte ich noch, ach bei jeder kleinen Böe nicht gleich aktiv werden. Nur die Böe endete nicht. Segel auf und Segelfläche verkleinern. Wenig später noch einmal und nochmals verkleinern. Inzwischen regnete es nicht etwa, sondern Wasser wehte von den Wellen ab und lag waagerecht in der Luft! Ich war pitschnass vom Salzwasser. Segelsachen hatte ich in der Eile gar nicht mehr anziehen können! Es stand kaum noch 1/3 der Genua und mit 7,5 kn pflügte Tongji durchs Wasser. Zum Glück hielt das ganze nur etwa 2 Stunden an und war wohl örtlich recht begrenzt, denn die Wellenhöhe hielt sich in Grenzen.
Plötzlich jammerte der Autopilot. Na der piepst schon mal wenn er den Kurs nicht halten kann und erinnert mich an falsche Segelstellung oder auch zu viel Fläche. Aber diesmal hatte er sich verabschiedet. Wilde Zeichen im Display. Na toll, was jetzt?
Der erste (alte) Autopilot ist ja dieses Jahr schon im Ärmelkanal wegen Getriebeschadens ausgestiegen. Jetzt der neue, als Ersatz für den Fall der Fälle gekaufte zweite Autopilot defekt! Nun ist kein Ersatz mehr an Bord. Dies bei gut Welle und unzuverlässigem Wind. Ich legte die Pinne fest und brachte Tongji durch die Segel auf einen einigermaßen stabilen Kurs. Kaum war das vollbracht trifft sich die Dünung aus der anderer Richtung mit der Windwelle und haut Tongji wieder aus dem Kurs. Ein elendes Spiel. Letztlich habe ich den Autopiloten zerlegt bei dem Gewackel und festgestellt das er innen nicht feucht war, sondern es tropfte von der Platine. Das darf nicht wahr sein! Ich habe dann den alten Autopiloten zerlegt und von dort die Platine in den neuen eingebaut und er lief wieder. Ich habe die Nase echt voll von den Dingern! Für raue Bedingungen scheinen sie nicht gemacht zu sein. Für die Sonntags-Nachmittag-Schönwetter-Kaffeefahrt kann ich sie noch empfehlen. Aber ich werde den Namen mal lieber nicht nennen, sonst gibt es da noch Ärger. Vielleicht sind ja auch einige andere Produkte besser. Bin mal gespannt was die Firma von der Garantie hält, denn diese ist noch auf dem neuen Autopiloten! Es ist auch nicht der zweite, sondern schon der dritte defekte Autopilot. Ich glaube 2009 Richtung Nordkap ist der erste ausgestiegen. Vielleicht steht auch irgendwo das Nordkap und Island nicht zum Funktionsgebiet dieser Autopiloten gehört?
Am Morgen habe ich dann noch mal Wetter geholt. Mein Grib Wetter hatte weiterhin 10-14 kn. Der Seewetterbericht Hamburg meldet jetzt nachträglich Windstärke 7 für die Shetlands über den MeteoRekorder. Zwar noch etwas wenig in der Meldung, aber immerhin haben sie für den Rest des Tages und für morgen bis Norwegen 4 Bft vorhergesagt.
Die letzten 100 sm bis Egersund in Norwegen segelte ich ohne windige Überraschungen. Traumhaftes Segelwetter. Schwacher halber Wind, welcher für 4-5 kn reichte, kaum Windwelle und nur noch 1 m Dünung, welche zuletzt auf 0,5 m abnahm.
Bei dem Wetter macht das Angeln auch wieder Spaß. Ein wenig schnell aber für einen richtig schönen großen Hornhecht (79 cm) hat es gereicht. Gleich Küchenfertig gemacht, ab in den Kühlschrank und das Abendbrot in Norwegen ist gesichert.
Zum Abend war ich im Fjord bei Egersund und ließ meinen Anker nach 253 sm fallen. Viel länger hätte die Fahrt auch nicht dauern dürfen, denn in der Nacht legte der Wind wieder los. Der starke Wind soll 5 Tage anhalten und hat in der Spitze 52 kn. Laut Wetterbericht stehen an der Südküste Norwegens bis zu 10,5 m Welle.
Eines war dann doch noch. Vor dem Waschbecken sah ich unterwegs Wasser auf dem Boden. Am Ankerplatz sah ich das ganze Ausmaß des Malheurs. Ein im letzten Jahr eingebautes neues Seeventil tropfte ein wenig aus dem Lager des Bedienhebels. Sofern ich es nicht betätige, hört es nach einer Weile auf zu tropfen. Also ließ ich es auf See mal offen. Leider kam über den Duschabfluss und das Waschbecken etwas Wasser ins Boot (wohl bei chaotischer Welle hoch in die Leitung gedrückt). Es sammelte sich in den Staufächern unterm Fußboden. Vom ersten Fach ging es weiter zum nachfolgenden und dann auch noch zum dritten Stauraum. Drei mal alle Vorräte leicht in Salzwasser eingelegt! Hätte ich das Ventil nur geschlossen und ein wenig tropfen lassen! (Der Hersteller hat mir bereits ein neues Seeventil kostenlos gesendet. Sollen angeblich frostsicher und so ziemlich unverwüstlich sein!?)

Zu dieser Zeit war es schon wieder angenehm ruhig.

Ölförderanlagen und viele Schiffe und Hubschrauber bekam ich auf der Nordsee zu sehen. Vorbei ist es mit Ruhe und Einsamkeit.



Wassertemperatur vor Norwegen 19 Grad! Am Tage bei Sonne teils 21 Grad! Da wird es ja von unten gar nicht mehr wie gewohnt kühl. Habe schon vom heißen Sommer in Deutschland gehört, ob ich das wohl noch aushalte?
weiter auf der Route: Segeln: Norwegen -> Skagen