Segeln von Island zu den Färöer-Inseln
Zum Abschied gab es in Reykjavik ein isländisches Bier aus uraltem Gletscherwasser. Herausgeschmeckt habe ich das tausend Jahre alte Wasser nicht, wie schon vorher beim Gletschereis auf dem Gletschersee Jökulsárlón am Vatnajökull ;-)
Der Besuch saß im Flieger und ich legte um 23.00 Uhr ab.
Laut Wetterbericht ist an der Südküste von Island (um die Westmännerinseln) ein Gebiet mit 15-20 kn Gegenwind. Irgendwie werde ich da durch, denn ansonsten ist zwischen Island und den Färöern schöner schneller halber Wind. In 5-6 Tagen laut Wetterbericht allerdings um 40 kn Wind. Das muss ich nicht haben, also nichts wie los. Zunächst war es zu wenig Wind und der Diesel half aus. Bei Aukaviti 0,5 kn Gegenströmung, bei Sandgerdi kippte die Strömung und es ging mit etwas Strömung an der Küste der Halbinsel Reykjanes entlang. Auf der Tour nach Reykjavik sah ich hier noch sehr viele Wale, jetzt war nicht einer zu sehen. Ab Kap Reykjanes dann erwartungsgemäß Gegenwind. Das schiet Gekreuze begann. Was soll’s, waren ja ‘nur’ 70 sm bis zu den Westmännerinseln und wohl rund 100 sm bis zur südlichen Mitte von Island, gegen den Wind. Dort scheint sich der Südwind zu teilen und geht östlich und westlich um Island.
An der westlichen Südküste dann auch noch 1,5 bis 2,5 kn gegen die Strömung! Die Strömung war nicht nur Tide, sondern es waren auch Wettereinflüsse rund Island und Meeresströmungen. Laut Segelhandbuch für Island können diese Strömungen an der Küste und auf See unterschiedliche Richtungen haben. Ich suche schon eine Weile wo heute der günstigere Weg nach Osten ist, aber finde einfach keine mitlaufende oder viel geringere Strömung. Dazu das aufwendige Gekreuze, was bei Gegenströmung überhaupt nicht lustig ist. Versuche mit der Maschine gegen Wind und Strömung ergaben 2-3 kn über Grund, also auch keine Lösung. Normalerweise sind ja 6 h Tide mit der Gegenströmung in Ordnung, nur hier ist in den dann folgenden 6 h nur etwas weniger Gegenströmung (ist halt das Wetter um Island, welches das Wasser treibt). Ich versuchte es immer mal wieder dichter unter Land oder auch mal 25 sm weiter draußen. Es brachte keine entscheidende Verbesserung. Ich hätte wohl rund 100 sm von der Küste weg müssen, doch auch dort versprach der Wetterbericht eigentlich nicht so große Änderungen. Laut Wetterkarte wären rund 150 sm nach Süden nötig. Ich war mir auch noch gar nicht so sicher, ob ich nicht lieber in den Häfen Grindavik (soll gut sein, aber zu Nahe), Porlakshöfn oder noch mal bei Heimaey stoppe.
Letztlich kämpfte ich mich durch und ließ alle Häfen aus. Auf was sollte ich auch warten? Die aktuelle Wetterkarte versprach keinen besseren Wind und auf See Richtung Färöer war ordentliches Wetter.
Bei den Westmännerinseln ordentlich Seegang durch die Strömung und natürlich Regen bei den Inseln. Deutlich östlich der Westmännerinseln dann weniger Gegenströmung und ich musste kaum noch Kreuzen. Der halbe Wind kam nach und nach und endlich ging es vorwärts. Island außer Sicht hatte ich den laut Wetterbericht vorhergesagten ruhigen Südwind. Endlich schönes Segeln und auch mal die Sonne. Westlich der Westmänner soll der Wind in den kommenden Tagen auf Ost drehen. Auch deshalb kein weiterer Stop dort. Sonst soll der Südwind laut aktuellem Wetterbericht noch 4 Tage anhalten, dies sollte problemlos bis zu den Färöern reichen.
Rufe ganz in der Nähe! Walrufe! Rund 50 Grindwale / Pilotwale umzingeln mich. Sie sind zwischen 3 und 8 m lang. Teils direkt am Boot. Nur der Wind stand nun doch falsch. Diese Gesellen haben nicht die beste Atemluft. Etwas später sah ich eine sehr hohe Wasserfontäne. Ich dachte sofort (da von Island kommend) ein Geysir. War natürlich Quatsch, mitten auf See bei knapp 2000 m Wassertiefe. Es muss ein richtig großer Wal gewesen sein.
Der Kampf gegen den Wind vor Islands Südküste hatte sich gelohnt. Ich segelte bei 3-4 Bft (selten 5 Bft) Südwind schön und für Nordatlantikverhältnisse ruhig in Richtung Färöer-Inseln.
150 sm vor den Färöern dann plötzlich käftigerer Südwind und 2 m Windwelle aus Süden. Das wäre i.O. wenn auch nicht vorhergesagt. Was mich eher etwas stutzig machte war eine zusätzliche 2 m Dünung (nicht sehr lang) von vorn? Sie stört im Moment auch nicht wirklich, aber welcher Wind treibt diese Welle? Der Wetterbericht hat keinen Gegenwind und ich will absolut nicht noch einmal solch ein Ende gegen den Wind.
Inzwischen habe ich auf 2/3 gereffte Segel und zwischen 6 und 7 kn Fahrt. Will hoffen das der Wetterbericht recht hat und schieb es den dunklen Wolken vor mir zu, denn wenn das anhält gibt es noch ordentlich Welle und Gegenwind.
Es dauerte eine Weile und die entgegenkommende Welle wurde kleiner und kleiner. War auch nicht schön diese sich kreuzenden Wellen und dazwischen ich mit dem kleinen Segelboot.
Traumsegelwetter am letzten Tag. Leichter Südwind, 1 m Dünung und mit dem halben Wind knapp 5 kn Fahrt. Die Sonne kam gar raus und ich genoss es einfach nur in der Plicht. Geht doch und nicht nur immer Regen, Dunst und Nebel (Wassertemperatur noch immer 10-11°C).
Ein Wal, fast länger als mein Boot, direkt neben mir! Gewaltig, das mal auf’s Foto, aber wie immer bin ich zu langsam und der Wal längst abgetaucht.
Mein Traumsegelwetter war leider auch schnell wieder weg. Von den Färöern sah ich nicht viel. Es sind verdammt hohe Berge, welche über den Nebelschwaden ab und zu herausragten. Der Wind war plötzlich weg. Es blieb nur der Diesel für die Fahrt in den Nebel. Zum Glück gibt es das Radar mit Alarmzone sobald ein Radarecho auftaucht. Aber bisher noch nicht ein Schiff seit Verlassen der isländischen Küstenzone.
Auf den Färöern soll es ja neben dem Nebel auch reichlich Regen und Wind ohne Ende geben. Statt Wind für die Segel fahre ich hier mit dem Diesel? So richtig traue ich dem Frieden aber nicht, wobei bei den zu erwartenden Strömungen, die Windstille gar nicht so schlecht ist!
Bis zu 12 kn Strömung sollen hier in den schmalen Fjorden und Sunden sein.
Ich werde nördlich von Sandoy durch den breiten Skopen-Fjord und dann in den Nolsoe-Fjord nach Tórshavn. Dort soll laut Strömungskarten auch schon tüchtig was los sein (dicke Pfeile). Mit den Strömungskarten komme ich nur leider nicht so ganz klar. Da steht zwar, zu welcher Stunde nach HW ... und in welche Richtung es strömt, nur ist es allein durch dicke und dünne Pfeile gekennzeichnet. Schön wäre zu Wissen was in etwa ein dicker Pfeil bedeutet? Auch meine elektronische Seekarte hat überall Angaben zu Strömungen, nur für die Färöer fehlen diese Strömungsinformationen?
Ich plane vorsichtshalber zum Strömungswechsel und mit wenig mitlaufender Strömung die Fjorde zu passieren.
Etwas weiter südlich (günstiger laut Strömungskarte) fahre ich auf den Nordteil von Sandoy zu. Dort bin ich eine Stunde zu früh und lass mich einfach treiben um die Zeit abzuwarten oder sollte ich bei 60 m Wassertiefe mal meine 60 + 30 m Ankerkette testen? Auf und ab zu segeln ist nicht, denn es ist noch immer Windstille. So lass ich mich von der langen Dünung etwas wiegen und erinnere mich an meine Antwort nach der großen Welle beim Segeln auf dem Atlantik. Ich antworte dann meist, das wir es alle kennen. Es ist wie im Kinderwagen ein sanft schönes Geschaukel. Sofern nicht zu viel Wind ist ;-)
Kurz vor Strömungswechsel bin ich dann weiter durch den Skopen-Fjord und gleich weiter nach Tórshavn. Strömungen hatte ich kurz vor Stillstand 0,5 kn gegenan und nur 10 min später 2 kn mitlaufend, dann bis max. 3,2 kn (laut Strömungskarte war Stillstandzeit bzw. etwas später dünnste Pfeile). Leichte Strudel waren überall. Hier zur falschen Zeit, bei ordentlich Wind und sich aufsteilender See? Sicher reflektieren die steilen Felsküsten auch noch die See! Die Windstille war schon ganz gut. Seit Reykjavik bin ich auch genug gesegelt, ansonsten ist der Diesel noch beleidigt.
Das war die Strömungsgeschichte, in Anbetracht der dort sonst wohl üblichen Verhältnisse eine glatte Spazierfahrt, doch da war noch der Nebel. Auf dem Radar ein riesiger Klotz auf meinem Kurs. Kein AIS-Signal! Ich schon mal einen schönen Bogen auch wegen des möglichen Strömungsversatzes und dann sah ich es doch. Ein großes Militärschiff. Die üben die Tarnung: kein AIS und sich dann noch im Nebel verstecken!
Weiterhin traf ich zwischen den Färöer-Inseln auf dem recht kurzen Weg nach Tórshavn: 2 Fischer, 2 Fähren, 1 schnelles Sportboot und 3 Frachtschiffe? Die meisten sah ich nicht, sondern nur auf dem Radar und AIS, denn die Sicht beschränkte sich oft auf 20-50 m. Richtig Verkehr hier und ich dachte ich komme zu den abgeschnittenen Inseln Europas.
Das eigentliche Problem war aber die Hafeneinfahrt. Der Nebel war inzwischen so dicht, das ich gerade meine eigene Reling am Bug erkennen konnte. Danach sah ich nichts. Ein Kreuzfahrtschiff ankert laut AIS vor dem Hafen und läßt das Nebelhorn jaulen. Ein fürchterlicher Lärm. Zwischendurch höre ich Hafengeräusche von großen Frachtern die entladen werden. Kran und Fahrgeräusche, selbst Musik und Stimmen höre ich schon, nur sehen kann ich nichts im Nebel. Toll, ob wohl die elektronische Seekarte so genau ist oder doch mal wieder die Hafeneinfahrt und alles weitere 20 m versetzt ist? Das Radar läuft auf niedrigstem Bereich und hat zu viele Reflektionen, Stimmen und immer wieder Stimmen, direkt vorm Boot! Selbst Standgas und eingekuppelt ist schon viel zu schnell, daher kupple ich nur kurz ein und wieder aus. Zum Glück keine Strömung mehr und kein Wind. Vor mir so eine Art Drachenboot? (Färöerboot wird es genannt, lerne ich später, in zig Bootsklassen unterteilt und ist neben Fußball die wichtigste Sportart) Weiter rechts die Lichter eines größeren Frachters oder doch nur Kaianlage mit Flutlicht? Noch ein Drachenboot? Inzwischen habe ich 20 m Sicht und ich taste laut GPS, elektronischer Seekarte und Radar weiter in den Hafen. Wieder ein Drachenboot? Alle mit Radarreflektor! Bei uns würde man sie für Wahnsinnig erklären, aber hier kennen sie ihr Wetter und fragen sich sicher, was ist das für ein langsamer Deutscher? Weiter hinein in den Hafen wird die Sicht etwas besser. Laut Seekarte müßte ich noch weiter rein aber da sehe ich einen Schwimmsteg und mache gleich am ersten Steg fest. Es stellt sich heraus, ich bin richtig am Gastliegeplatz. Der Hafenmeister ist beschäftigt und ich soll morgen kommen. Der Zoll kommt zum Boot. Zwei Formulare und fertig.
Eventuell war der viele Nebel auch als Tarnung für mich gedacht, denn ich bin erstmalig ohne Gastlandflagge eingelaufen. In Schottland und Island war keine Flagge der Färöer zu bekommen. Die Dänische habe ich mal lieber nicht gesetzt. Sie soll nicht wirklich beliebt sein. Auf meinem ersten Gang zum Geld holen und eine Färöer-Gastlandflagge besorgen, bin ich fürchterlich gefallen. Der Boden schwankte an Land einfach nicht so wie meine Beine das seit gut 5 Tagen und 570 sm gewohnt waren.
(Erstes mal ohne Gastlandflagge stimmt bedingt: 2011 in Sardinien hatten wir keine Flagge, haben uns aber eine ausgedruckt und in Folie aufgehängt bis wir eine Flagge gekauft hatten. Dies Jahr habe ich jedoch keinen Drucker an Bord.)
weiter auf der Route: Tórshavn