Segeln nach Dublin (Irland)
Der Wind hatte sich beruhigt. Nur noch 3 BFT aus SSW.
Um 7.30 Uhr bin ich in Falmouth aufgebrochen, denn so habe ich für Kap Lizard und Land’s End die günstigste Tidenströmung berechnet. Aber wer weiß ob der Wind mitspielt und dann sind es ja bis Land’s End knapp 40 sm. Die ersten Meilen bis wenigstens Kap Lizard muß ich zudem gegen den Wind kreuzen, da der Wind noch immer aus SSW weht.
Bis Kap Lizard bin ich im Zeitplan geblieben. Rund 1,8 m hohe aber lange Rest-Welle von gestern standen noch. Am Kap türmt sich diese natürlich etwas. Alles jedoch recht angenehm wenn man etwas Abstand zum Kap hält. Beide Kap’s sollen ja ein großer Schiffsfriedhof sein. Unheimliche Strömungen und Strudel, ...
Inzwischen wird die Restdünung von gestern immer kleiner. Es ist Mittag und ich kann problemlos etwas kochen.
Sieben weitere Segler sind aufgebrochen, nur einer scheint meinen Kurs nach Norden zu nehmen. Die anderen 6 Segler zieht es Richtung Biscaya. Im letzten Jahr segelten wir auch von hier über die Biscaya.
Ich segle inzwischen auf korrektem Kurs ohne zu kreuzen Richtung Land’s End. Allerdings nur noch 3,5 kn durchs Wasser. Bei Land’s End, dem südwestlichstem Punkt Englands, wird’s noch mal etwas welliger. Aber auch hier nur etwa 1,4 m Welle. Froh war ich das ich zeitlich hinkam und die mitlaufende Strömung mit 3 kn auch hier passte.
Die Sonne schien, kaum Wolken, leichter Wind der laut Wetterbericht auch noch auf West drehen sollte. Damit halber Wind bei Kurs Dublin. Was wollte ich mehr. Jetzt noch 200 sm stramm nach Norden und ich sollte in Dublin sein. Nun das schien einfach, sollte aber nicht ganz ohne Zwischenfälle ablaufen.
Der Segler Richtung Norden kam mir immer näher? Ich schaue nach meinen Segeln, da paßt alles. Hat er vielleicht einen etwas anderen Kurs, besser zum Wind. Nein, er kommt näher und näher. Nicht das ein anderes oder größeres Schiff nicht auch schneller sein dürfte als unsere recht schwere Tongji mit gerade mal 9,60 m, aber das scheint mir doch etwas zu schnell. Ich segle gerade fast 4 kn bei nicht gerade viel Wind und habe knapp 5 kn über Grund dank mitlaufender Strömung. Jetzt erkenne ich seine Genua, die ist noch nicht mal voll ausgerollt? Das Groß steht gut. Wie geht das? Wenig später: Motorengeräusch! Na das erklärt es natürlich, doch verwundert bin ich doch etwas, schwach windig, nicht mal volle Genua gesetzt, ich segle mit 4 kn und beim etwas größeren Schiff läuft der Motor. Na vielleicht wird gerade ohne Gas gekocht und für’s elektrische Kochfeld fehlt der Strom.
Ich segelte noch eine Weile und dann wurde es weniger und weniger Wind. Jetzt segle ich nur noch 2 kn. Bis Dublin ist es zu weit für den Motor, das geht überhaupt nicht, nur mit 2 kn brauch ich noch ewig. Rund 10 kn Westwind, später wieder Südwestwind waren versprochen! Wetter halte dich dran, was der Wetterbericht dir vorgibt!
Erfolgsmeldung: zwei Makrelen gefangen, na wenigstens das morgige Mittag ist gesichert! So hat das langsame Segeln nach Dublin auch was gutes, denn bei 5 oder 6 Knoten wäre ich wohl zu schnell für die beiden Fische gewesen.
Die Angel habe ich weggepackt. Mehr Fisch ist nicht nötig. Wind jetzt kannst du aber kommen! Er hörte nicht, ganz im Gegenteil in der Nacht durfte der Zusatzwind aus dem Dieseltank ran. Erst gegen vier Uhr ging es mit den Segeln wieder.
Früh am Morgen, noch in der keltischen See habe ich erste Delphine gesichtet und leider eine rote Leine im Schlepp. Ja, es hat sich einmal kurz etwas merkwürdig angehört gegen Ende der Nacht. Gut gesichert stieg ich auf die Badeplattform, holte die Leine mit dem Bootshaken hoch, zog und hatte ein paar Meter in der Hand. Toll und wieviel hängt noch in der Schraube? Ich habe eine kleine Endoskopkamera an Bord, mit welcher ich in unzugängliche Stellen schauen kann, bzw. auch in den Dieseltank (Schlamm, Dieselpest). Also mit dem Teil mal schnell ein Unterwasserfoto von der Schraube gemacht. Da hängt noch allerhand drin! Vorsichtig Motor an. Durch vor und zurück läßt es sich nicht loswerden. Ich werde wohl einen Ankerplatz suchen und bei 12°C Wassertemperatur tauchen müssen. Eingefahren habe ich mir die Leine in der Nacht mit einem Abstand von 30 sm zum nächsten Land!
Den Motor mochte ich nicht wirklich mehr anmachen und so segelte ich oft mit 3,5 kn durchs Wasser bei zeitweise 2,5 kn Gegenströmung (bzw. es dürften ca. 3 kn Strömung sein, welche etwas seitlich kommt). Das war dann 1 kn über Grund, mitunter gar 0,5 über Grund, was dem Autopiloten im Routenkontrollmodus Spaß bereitete. Der weiß gar nicht mehr wo es langgeht: leicht seitliche Strömung, Segelversatz und dann effektiv nur 0,5 über Grund. Ankern geht aber auch nicht, da ich hier Ausgang des Verkehrstrennungsgebietes bin. Na irgendwann dreht die Strömung ja wieder.
Gerade habe ich die Makrelen verspeist, da kommt eine wohl etwas größere Welle und mein Teller mit den Fischabfällen saust auf den Bademantel.
Na prima, der duftet jetzt vorzüglich. Also diesen mal gleich durchgewaschen und zwischen Geräteträger und Reling als zusätzliches Segel in den Wind gehangen. Das war doch mal was und alsbald hatte ich 4,5 kn durchs Wasser. Die mitlaufende Tide kommt noch! :-) Endlich ging es vorwärts. Zum Tidenwechsel segelte ich mit beachtlichen 7 kn durchs Wasser und dazu gut 3 kn Strom. Bis zu 10,5 kn stehen auf dem GPS!!!
Leider ließ der Wind zur zweiten Nacht abermals nach. Das Spiel mit dem einen Knoten über Grund durch die Gegenströmung begann erneut :-(
Das wird wohl der vorläufig letzte längere Segeltörn sein und ab Dublin wird es nur noch kürzere Strecken, stets mit der Tide geben. Der Tidenstrom soll nördlicher 4 kn, Stellenweise bis zu 7 kn betragen.
Und noch einmal. Früh im Morgengrauen, an der Küste Irlands, rund 30 sm vor Dublin, klappert es plötzlich unterm Boot. Ein weißer Kanister hängt an Backbord und einer hinterm Boot. Der Motor zum Glück nicht an, aber die Segel machen Druck und die Leinen halten das Boot. Die Genua ist schnell weg, aber das Rollgroß war doch etwas problematisch runterzubekommen. In den Wind konnte ich schlecht, denn ich war gefangen, eingefädelt zwischen zwei Kanistern mit starken Leinen. Der Druck musste aber weg, sonst kann ich die Leinen mit dem Bootshaken nicht wegdrücken oder hochziehen.
Als das Groß endlich unten war, war es noch immer recht problematisch. Auf den Leinen zu den Knistern war dank der Strömung noch immer viel Druck. Ins Wasser konnte ich wohl schlecht bei der Strömung und dem Leinengewirr. Also blieb nur zu versuchen die Leinen mit dem Bootshaken mit Gewalt runterzudrücken. Bei einer gelang es und eine zweite bekam ich hochgezogen und schnitt sie durch. Ich war frei!
Unklar bleibt mir wie ich mir erneut zwei Leinen einfangen konnte. Diese diesmal mehr als daumendicken Leinen müssen doch vom Kanister senkrecht nach unten gehen und sich locker wegdrücken. Bei jetzt ablandigen Wind waren nur noch 30 cm Welle, aber in der Welle und im Dunkeln sind weiße Kanister einfach nicht zu sehen. Auch ein Radarecho geben sie nicht. Hier in Irland ist Nebel typisch! Wie soll man die sehen liebe Fischer? Oder hatte ich einfach nur Pech? Trieben Leinenenden am Kanister? (Beide Kanister waren weiter fest und trieben nicht mit der Strömung oder dem Wind.)
Ich bin mehr als vorsichtig weitergesegelt. Mehr Ausschau als je zuvor. Selbst bei Möwen, welche ich schon als Kanister sah, wich ich teils aus. Was werden die wohl von dem deutschen Segler gehalten haben?
Vor Dublin musste noch einmal der Motor ran. Mit gemischten Gefühlen startete ich und legte den Gang ein. Es klappte, die Schraube drehte sich auch mit den roten Strippen darin. Die mitlaufende Strömung ließ mich schnell vorwärts kommen und es sollte auch nur noch 2 Stunden dauern.
!!! Komisches Gestrudel voraus. Ich sehe mir dies mit dem Fernglas genauer an. Zwei Plastekanister werden von der Strömung (3 kn) fast unter Wasser gezogen. Einzig noch am Gestrudel und zeitweisem auftauchen sind sie zu erkennen. Die Kanister und dazu die Möwen bilden meinen Slalomkurs bis Dublin.
Genauer gesagt fällt mein Anker kurz vor Dublin bei der kleinen Insel Dalkey. Marina kommt in 2 Tagen mit dem Flieger und ich warte hier, denn der große Hafen Dun Laoghaire kostet laut seiner Internetseite 3,6 € pro Meter und Nacht. Hier ist es zwar zwischen Süd und Ost offen, aber von dort soll jetzt kein Wind kommen und das bisschen Schwell ist in Ordnung.
Zum Ausschlafen reicht es und dann habe ich noch die Schraube vom roten Seil zu befreien. Zum Tauchen wäre der Hafen auch nicht der geeignete Platz.
Ich war im 12°C kalten Wasser und habe die Schiffsschraube vom Seil befreit. Das war unter Wasser mit dem Messer kaum durchzuschneiden. Mit der Schere ging es besser. Ich friere schlimmer als je zuvor. Ein Eiszapfen ist gar nichts dagegen. Ich war schon öfter in so kühlem Wasser, aber jetzt friere ich erbärmlich. Wird wohl daran liegen das ich mit dem Kopf unter Wasser tauchen war, es etwas gedauert hat und ich von den 2 durchsegelten Nächten sicher noch nicht ganz fit bin? Strömung tat ihr übriges. Halteleinen hatte ich dicht unters Boot gespannt und Sicherungsleine zwecks Strömung.
Danach habe ich mich erst mal unter die warme Dusche gesetzt. So lange habe ich wohl noch nie auf dem Boot geduscht, aber in Dublin gibt es ja wieder Wasser. Ich habe natürlich auch einen dicken Neoprenanzug an Bord. Ich hielt ihn nur für übertrieben und dann wäre dieser mit Salzwasser eingepanscht und auch zu säubern gewesen.
Noch ein Tag bis Marina mit dem Flieger kommt!
weiter auf der Route: Dun Laoghaire